Vortag 1
‚DeafMind & DeafDidaktik‘
Forschungsergebnisse zeigen, dass die Modalität einer Sprache (vokal-auditiv vs. manuell
visuell) einen Einfluss auf die Organisation von Wissen hat. Dieser Sprachmodalitätseffekt, der
sich je nach verwendeter Sprache (Gebärdensprache vs. Lautsprache) in unterschiedlichen
Formen der semantischen Wissenskommunikation und -organisation ausdrückt (Grote, 2013),
führt dazu, dass Taube Signer ein von der Gebärdensprache beeinflusstes Denken entwickeln,
das wir ‚DeafMind‘ nennen.
Bei der Unterrichtung Tauber SchülerInnen sollte berücksichtigt werden, dass sie eine andere
Lernkultur und Didaktik benötigen als hörende SchülerInnen. Die reine Übersetzung
lautsprachlich vermittelter Lerneinheiten durch Gebärdensprach-dolmetscherInnen oder ein
bilingualer Unterricht reichen nicht aus, um den kognitiven Denkstrukturen und -prozessen
tauber Kinder gerecht zu werden.
Es wird eine sogenannte ‚DeafDidaktik‘ benötigt. Diese Form der Wissensvermittlung
berücksichtigt, dass die Art des Erklärens und die im Unterricht verwendeten Methoden und
Materialien kohärent sind mit der Art und Weise des Denkens tauber Signer. Sie richtet sich
aus an den stärker syntagmatisch organisierten semantischen Konzepten eines ‚DeafMind‘ und
basiert auf einer weniger linearen, sondern stärker visuell-räumlichen, d.h. eher sinnlichen
dreidimensional-szenischen Vermittlung von Wissen. DeafDidaktik basiert auf den natürlichen
Sprachstrukturen der DGS, die sich seit jeher im dreidimensionalen Raum entfaltet und
entwickelt haben.
In dem Vortrag „DeafMind & DeafDidaktik“ werden wir eine kurze Einführung in beide
Themenbereiche geben und anhand von Beispielen erläutern.
Dr. Klaudia Grote & Bastian Staudt, Aachen
Kompetenzzentrum für Gebärdensprache und Gestik (SignGes)
Mehr unter: www.signges.rwth-aachen.de